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«Ich kann mir für die Landwirtschaft Gehör verschaffen»

Renzo Blumenthal ist nicht nur als bekanntester Ex-Mister-Schweiz aller Zeiten eingespannt, sondern insbesondere auch als Landwirt.

Renzo Blumenthal ist in die Geschichte der Mister-Schweiz-Wahl eingegangen wie kein Zweiter. Vor bald zwei Jahrzehnten zum Beau der Nation gekürt, nutzt er heute seine Bekanntheit für seine Leidenschaft, die Landwirtschaft. Seine 100 Kühe, seine Produktideen, aber auch Auftritte an Events halten ihn auf Trab.

47 trächtige Kühe zählt Renzo Blumenthal in diesem Jahr. Liebevoll tätschelt er seine Irina, die bereits Mitte August die Alp verliess, um auf dem Hof eines der ersten diesjährigen Kälber auf die Welt zu bringen. Die meisten der anderen trächtigen Tiere kalbern jetzt im Herbst. «Es ist stets ein besonderer Moment und eine spezielle Freude, wenn ein Kalb auf die Welt kommt», strahlt der 45-jährige Landwirt aus Vella, der grosse Bekanntheit als Ex-Mister-Schweiz geniesst. «Die Wahl zum schönsten Schweizer im Jahr 2005 änderte nichts an meiner Leidenschaft für meine Tiere und die Landwirtschaft. Im Gegenteil. Bis heute profitiere ich von meinem ehemaligen Titel. Die Aufträge als Ex-Mister-Schweiz an Anlässen sind ein wichtiges zweites Standbein, bei denen ich mir auch für meine Anliegen als Landwirt Gehör verschaffen und der Bevölkerung meine Arbeit auf dem Land näherbringen kann», erklärt Renzo Blumenthal. So auch an den Farming Days, welche die fenaco im September 2022 in Zusammenarbeit mit dem Verkehrshaus der Schweiz erstmals durchführte und die Renzo Blumenthal moderierte. «Viele wissen nicht, woher die Milch tatsächlich kommt», betont Renzo Blumenthal.

 

 

Beruf und Berufung
Doch wenn immer möglich ist Renzo Blumenthal auf seinem Hof und bei den 100 Kühen (Braunvieh), die Anfang September von der Alp zurückgekommen sind. Sein Betrieb für Milchwirtschaft und Aufzucht liegt in der Bilderbuchgegend Val Lumnezia im Dorf Vella, auf 1250 Metern über Meer. «Etwa acht Kälber pro Jahr behalte ich bei mir. Die übrigen weiblichen Tiere erhalten als Rinder ein neues Zuhause bei anderen Milchbetrieben, die männlichen Kälber gebe ich für die Fleischproduktion weiter», erklärt Renzo Blumenthal, der auf dem Hof als zweitältester von vier Söhnen aufwuchs und nun selbst Vater von vier Kindern ist. Für ihn war schon immer klar, dass er Bauer wird, weshalb er die Ausbildung zum Landwirt im Plantahof in Landquart absolvierte und 2010 den elterlichen Hof übernahm. Doch ein anderes grosses Ziel machte seinem Traum vom Bauer Konkurrenz: Als Fussballprofi spielte er bei den Grasshoppers Zürich, später beim FC St. Gallen. Nach einem Bänderriss am Fuss konzentrierte er sich dann wieder ganz auf die Landwirtschaft. «Ich stand schon immer gerne im Mittelpunkt – sei es beim Fussball, als Mister Schweiz oder jetzt auf der Heubühne», lacht Renzo Blumenthal.

Seit 25 Jahren Bio
Seinen Hof führt er nach Bio-Suisse-Richtlinien. Schon vor 25 Jahren stellte sein Vater die Milchwirtschaft auf Bio um. «Da wir damals wenig Ackerbau hatten und daher nicht auf Spritzmittel angewiesen waren, lief es uns ring, auf Bio umzustellen», erklärt Renzo Blumenthal. Heute jedoch stellen ihn die immer neuen Anforderungen und Auflagen regelmässig vor Herausforderungen. Zudem übernahm er 2014 zusätzliche 24 Hektaren Land vom Cousin seines Vaters, der in den Ruhestand ging. Auf den heute 64 Hektaren rund um den Stall und am Rande des Dorfs wächst nebst Wiese auch Braugerste und Futtermais. «Mit meinen Wiesen und dem Mais kann ich meine Tiere zu einem Grossteil ernähren. Mit der Gerste entsteht mein eigenes Bio-Bier. Das Resultat meiner Ernte ist jeweils eine Freude, doch bis dahin ist die Arbeit schon auch ein Krampf. Insbesondere im Sommer, wenn auf allen Feldern das Unkraut spriesst und wir es von Hand jäten müssen», sagt Renzo Blumenthal. Unterstützt wird er von einem Lernenden. Auch seine Eltern und seine Frau helfen mit, wo sie können. Und sein ältester Bub würde am liebsten 24 Stunden lang den Traktor fahren.

Innovationsgeist
Harte Arbeit ist sich Renzo Blumenthal seit seiner Kindheit gewohnt. Doch bald nach der Übernahme des Hofs investierte er in Neues, unter anderem, um seine Abwesenheiten zu überbrücken und um sich die Arbeit zu erleichtern: Der Freilaufstall wurde grosszügig und modern. Der erste Melkroboter des Tals kam hinzu und Renzo Blumenthal «schulte» seine Milchkühe, sich dort alle acht Stunden melken zu lassen. Die Dächer seiner Wirtschaftsgebäude und einen Teil des Wohnhauses liess er mit Solarpanels auslegen. Heute produzieren die Blumenthals 77 000 Kilowattstunden Strom, von dem 15 Haushalte profitieren. «Investieren ist immer teuer. Aber als Stromproduzent verdiene
ich zusätzlich, ohne Schweisstropfen dafür zu vergiessen», so Renzo Blumenthal. Innovationsgeist zeigen die Blumenthals auch bei der Direktvermarktung ihrer Produkte. Im 2017 gebauten Hofladen und im Onlineshop findet man verschiedene Blumenthaler Käse wie Heublumen-, Alp- oder Raclettekäse, Fleisch- und Wurstwaren sowie Heublumenbrand und das Renzo-Bio-Bier. Für diese Produkte hat der Landwirt das eigene Label «Renzo Blumenthal» mit dem Familienwappen kreiert. Für die Gestaltung und Kommunikation stand am Anfang eine Agentur zur Seite. «Heute weiss ich, wie Vermarktung funktioniert. Und für gute Ideen kann ich auf meine Familie zählen», freut sich Renzo Blumenthal. Das Mitglied der LANDI Graubünden verkauft seine Produkte auch in LANDI und Volg Läden. «In den Läden der LANDI Graubünden gibt es sozusagen einen Mini-Blumenthal-Hofladen im Laden. Das sieht hübsch aus und spricht die Kundinnen und Kunden an», erzählt er. Jede Woche erhält er von der LANDI eine neue Bestellung für seine Produkte. Er selbst geht dort als Kunde ein und aus, um Saatgut, Geräte, Schrauben oder auch Verbandsmaterial einzukaufen. «Wir sind füreinander da», meint er kurz und bündig.

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