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Kleine Punkte, grosse Wirkung: Wie Marienkäfer unsere Pflanzen retten

Glückskäfer spielen eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft.

Sie sind gerade mal einen Zentimeter gross, tragen ein gepunktetes Kleid – und sind echte Superhelden der Natur: Marienkäfer. Was viele nicht wissen: Die kleinen Glückskäfer sind unermüdliche Schädlingsbekämpfer und spielen damit eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft. 

Aline Fauser, Biologin bei AGROLINE, begutachtet Marienkäfer durch ein Mikroskop im Zentrum für biologischen Pflanzenschutz in Aesch (BL). Es handelt sich um den einheimischen «Adalia bipunctata», der mit seiner roten Farbe und den zwei schwarzen Punkten allseits bekannt ist. Die kleinen Sechsbeiner geniessen Sympathien bei Gross und Klein; sie gelten als Glückbringer und erfreuen uns auf Blumenwiesen. Doch was viele nicht wissen: Marienkäfer spielen eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft – und zwar als natürlicher Feind von vielen Schädlingen, wie etwa den Blattläusen. Für Bäuerinnen und Bauern sind sie damit wichtige Verbündete im Kampf gegen Blattläuse & Co. 

 

Herziger Käfer – oder hungriges Raubtier?

Was auf der Blumenwiese herzig ausschaut, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als hungriges Raubtier: Marienkäfer sind wahre Blattlaus-Killer. «Marienkäfer sind äusserst effizient, sehr anpassungsfähig und bekämpfen viele verschiedene Blattlausarten», betont Regina Burger Projektleiterin bei AGROLINE, der Pflanzenschutzspezialistin der fenaco. Schon die Käferlarven haben einen riesigen Appetit auf Schädlinge. Kaum geschlüpft, vertilgen sie in ihrem kurzen Larvenleben insgesamt mehrere hundert Blattläuse. Die erwachsenen Käfer können fliegen und steigern damit das Fressprogramm auf 100 Blattläuse pro Tag. Damit vernichten sie im Laufe ihres Lebens tausende Läuse. Das bedeutet: weniger Schädlingsdruck, gesündere Pflanzen – und das ganz ohne den Einsatz von chemischen Wirkstoffen.

Regina Burger, Projektleiterin AGROLINE
« Marienkäfer sind äusserst effizient, sehr anpassungsfähig und bekämpfen viele verschiedene Blattlausarten. »

In den LANDI Läden sind Marienkäfer – wie auch andere Nützlinge – auch für den Hausgebrauch erhältlich, etwa im Hausgarten, in kleinen Gewächshäusern, für Rosensträucher oder einzelne Bäume in Parkanlagen. Für die Obst- oder Gemüseproduktion gibt es in der Schweiz aber noch keine derartigen Ansätze. Bis heute. AGROLINE, das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL und das Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung haben sich zusammengetan, um den gewerblichen Einsatz von Marienkäfern im Anbau von Kirschen zu prüfen. Das Projekt geht bereits in das zweite Jahr und soll 2027 Früchte tragen. Tatkräftige Unterstützung leisten neun biologisch geführte Landwirtschaftsbetriebe in der näheren Umgebung des FiBL Hauptsitzes in Frick (AG).

Blühkisten halten Marienkäfer in der Obstanlage

Ein Besuch im Frühjahr 2025 gibt Einblick in die laufenden Forschungen. Wissenschaftliche Mitarbeitende prüfen in den Steinobst-Anlagen beim FiBL Hauptsitz in Frick (AG) und bei regionalen Biobauern, unter welchen Bedingungen sich Marienkäfer für den professionellen Einsatz gegen Schädlinge eignen. 

Schon Mitte März wird der auch bei Kälte aktive Vierfleckige Kugelmarienkäfer gegen die schwarze Kirschenblattlaus eingesetzt. «Die freigelassenen Käfer bekommen eine Starthilfe», betont Lara Reinbacher, Projektverantwortliche beim FiBL. Dazu werden in Blühboxen oder auf grösseren Flächen, sogenannten Blühreservoirs, im Rahmen des Projekts gezielt Blumen ausgesät. Sie dienen als Rückzugsort für die Nützlinge und liefern die Pollen, der als Zusatznahrung für die Marienkäfer dient. Franco Weibel vom Projektteam Ebenrain-Zentrum führt aus: «Diese Blumenflächen sind wichtig, um die Nützlinge noch vor dem ersten Schädlingsbefall in die Obstanlage zu bringen und dann zu halten. Wir untersuchen nun, ob die Marienkäfer eine feste Population aufbauen und die Früchte schon früh in der Saison nachhaltig schützen können.»

Sollten die Ergebnisse der aktuellen Forschungsarbeiten positiv ausfallen, wird es die Aufgabe der fenaco Tochter AGROLINE sein, für die Landwirtinnen und Landwirte ein marktfähiges Produkt anzubieten. In einem ersten Schritt stünde die Bewilligung durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) an. Und grundsätzlich muss sich die Lösung natürlich für die Landwirtinnen und Landwirte rechnen, denn die Kosten für die Aufzucht von Marienkäfern sind höher als diejenigen für konventionelle Pflanzenschutzmittel. 

Regina Burger, Projektleiterin AGROLINE
« Es ist faszinierend, gemeinsam mit führenden Forschungsinstitutionen und Produzenten an einem wichtigen Puzzle-Teil für den ganzheitlichen Pflanzenschutz zu arbeiten. »

Regina Burger ist zuversichtlich: «Wenn es uns gelingt, die Marienkäfer früh in den Obstanlagen zu etablieren – das heisst, bevor die Massenvermehrung der Blattläuse eintritt – wäre das ein grosser Erfolg. Wir würden dadurch den Einsatz von konventionellen Pflanzenschutzmitteln reduzieren und könnten mit jährlichen Aussetzungen insgesamt die Marienkäferpopulation stärken und damit den Blattlausdruck auf lange Frist vermindern.» Die Forscherin und Projektleiterin bleibt mit ihren Projektpartnern dran. «Es ist faszinierend, gemeinsam mit führenden Forschungsinstitutionen und Produzenten an einem wichtigen Puzzle-Teil für den ganzheitlichen Pflanzenschutz zu arbeiten», betont sie. 

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