Frische im Überfluss – das ganze Jahr über. Die Lagerung spielt eine entscheidende Rolle, um uns auch in den Wintermonaten mit hochwertigem, heimischem Gemüse zu versorgen.
Die Tür zu den Lagerhallen in Bätterkinden (BE) knarrt leise, als sie sich langsam öffnet. Ein Duft von Minze dringt heraus und erinnert vielmehr an Kaugummi, als daran, was sich tatsächlich innerhalb dieser Wände befindet. Das gedämpfte Licht in separaten Zellen enthüllt tonnenschwere Paloxen mit Kartoffeln, die bis unter die Decke gestapelt sind. Das leise Surren von Belüftungsanlagen ist im Hintergrund zu hören.
Es ist kühl, aber nicht kalt – eine angenehme Frische, die die Kartoffeln schützt und ihre Qualität bewahrt. Die Szenerie in der Halle, wo sich auch Annahme und Aufbereitung der Kartoffeln befinden, ist geprägt von einer Atmosphäre der Sorgfalt und Präzision. Jeder Handgriff ist durchdacht, jeder Raum optimal genutzt. Hier wird nicht einfach gelagert, sondern die Ernte eines Jahres wird mit Respekt und Bedacht bewahrt. Die ersten Frühkartoffeln kommen bereits im Mai; im November werden die letzten Verarbeitungskartoffeln in der Regel geerntet. Bis im Juni des Folgejahres wird vermarktet. Die Lagerung ermöglicht nicht nur eine kontinuierliche Verfügbarkeit, sondern bewahrt auch den Geschmack und die Nährstoffe, die diese Naturprodukte so wertvoll machen.
Bodenfrische für den Winter
Nebst Kartoffeln lagert Inoverde auch Rüebli und Zwiebeln. Die Lager befinden sich in den Anbaugebieten dieser drei Produkte, verteilt über die ganze Schweiz. Die Hauptmengen an Speisekartoffeln und Rüebli werden in Bätterkinden (alle Produkte), Bercher im Kanton Waadt (Kartoffeln) und Frauenfeld im Kanton Thurgau (Kartoffeln und Rüebli) gelagert. Im Schnitt lagert Inoverde insgesamt 38 000 Tonnen Kartoffeln und 17 000 Tonnen Rüebli ein. Bei den Zwiebeln werden die Hauptmengen direkt bei den Landwirtinnen und Landwirten gelagert, Inoverde lagert nur eine Teilmenge von 1500 Tonnen in Bätterkinden ein.
«An jedem Standort haben wir mehrere individuelle Lagerzellen mit einer Kapazität von 500 bis 1500 Tonnen. Für eine optimale Lagerführung ist es besser, eher kleinere Einheiten zu haben», erklärt Michael Stalder, GPM Lagergemüse bei Inoverde. «So werden die Zellen schneller voll, und der Kühlprozess kann eingeleitet werden. Auch das Klima ist in einer kleineren Zelle besser zu steuern.»
Spezialisierte Lagerung
Die Lagerung der Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln erfordert spezialisierte Anlagen und eine sorgfältige Kontrolle von Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO₂-Gehalt, um ihre Qualität während der Lagerdauer zu erhalten. Jedes Produkt unterscheidet sich durch seine Anforderungen in der Lagerung. «Kartoffeln benötigen besondere Aufmerksamkeit, um ihre Qualität zu halten», erklärt der Spezialist. Sie ruhen grundsätzlich im Dunkeln. Helles Licht würde die Bildung von Solanin fördern, einem Stoff, der den Geschmack beeinträchtigen kann. Die Kartoffeln könnten zudem ergrünen. Sie mögen, je nach Sorte, Temperaturen zwischen 4° und 8° Celsius und eine relative Luftfeuchtigkeit bis 95 Prozent, damit sie nicht austrocknen. Belüftungssysteme sind entscheidend, um eine angemessene Luftzirkulation zu gewährleisten und die Bildung von Kondensation zu vermeiden. Zwiebeln dagegen werden bei etwas tieferen Temperaturen als Kartoffeln gelagert, typischerweise zwischen 0° und 2° Celsius, und benötigen eine tiefere Luftfeuchtigkeit, damit es nicht zur Schimmelbildung kommt. Die Lagerung von Rüebli erfordert eine kühle, aber feuchte Umgebung. Die Rüebli werden bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt aufbewahrt. Die optimale Luftfeuchtigkeit verhindert das Austrocknen und bewahrt die Knackigkeit. «Zur Keimverhütung bei Kartoffeln setzen wir zusätzlich natürliche Produkte wie Ethylen oder Minzöl ein, die in der Lagerzelle vernebelt werden», erklärt Michael Stalder und lacht: «Das ist auch das, was in der Halle nach Chätschgi riecht!»
Vielfältige Vorteile von Winterlagerung
Die Überwinterung von Lagergemüse und Speisekartoffeln eröffnet nicht nur den Genuss für Konsumentinnen und Konsumenten, sondern spielt eine entscheidende Rolle in der gesamten Lebensmittelindustrie. Michael Stalder hebt hervor: «Insgesamt trägt die Winterlagerung als Teil der Lebensmittelindustrie dazu bei, die Ernährungssicherheit zu erhöhen, eine vielfältige Produktpalette anzubieten, Preisstabilität zu fördern und zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung beizutragen.» Die Lagerung ermöglicht es, Lagergemüse und Speisekartoffeln über die Erntesaison hinaus verfügbar zu halten, ein entscheidender Faktor für eine konstante Versorgung mit frischem Gemüse und Speisekartoffeln, unabhängig von saisonalen Schwankungen. «2023 hatten wir beispielsweise einen sehr nassen Herbst, so konnten nicht alle Rüebli geerntet werden», erklärt er. Idealerweise sollten die Temperaturen nicht zu heiss sein, und die Erde sollte leicht kleben bleiben. «Einige argumentieren, dass eine frühere Einlagerung teuer ist und sich negativ auf die Qualität auswirken kann, aufgrund der extremen Temperaturschwankungen und dem damit verbundenen Stress für das Produkt. So ist es sinnvoll, die Rüebli nicht bei zu warmen und trockenen Bedingungen zu ernten, um die Qualität zu erhalten.»
Ein Blick in die Zukunft
Technische Quantensprünge seien grundsätzlich bei der Lagerung von Gemüse und Speisekartoffeln in den nächsten Jahren nicht zu erwarten, meint Michael Stalder. Aufgrund der Klimaerwärmung werden sich allerdings die Zeitpunkte für die Einlagerung ändern. Die Lagerperioden werden sich im Allgemeinen etwas verschieben und auf die klimatischen Bedingungen in unseren Breitengraden anpassen. So wird es zunehmend wichtig, die idealen Zeitpunkte für die Einlagerung zu finden. Hauptaugenmerk liegt auf der Effizienz und damit der Nachhaltigkeit. Schon jetzt hat Inoverde die Kapazität, einen Viertel des Energiebedarfs durch Solarenergie zu decken. «Energetische Sanierungen an unseren Kühlungsanlagen sind ebenfalls von grosser Bedeutung, um mit minimaler Energieaufnahme maximale Kühlleistung zu erreichen.» Die ältesten Kartoffelkühler etwa stammen aus den 70er-Jahren, an welchen jedoch auch schon Sanierungen gemacht wurden. «Wir arbeiten kontinuierlich daran, sie durch effizientere Modelle zu ersetzen.»