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Wie das Haferkorn auf den Frühstückstisch kommt

Viele Konsumentinnen und Konsumenten setzen beim Frühstück auf Hafer, ob in Flockenform oder als Alternative zu Kuhmilch. Doch wie kommt das Schweizer Haferkorn in die Müeslischüssel und das Frühstücksglas?

Eine Hand hält eine Haferäre

Viele Konsumentinnen und Konsumenten setzen beim Frühstück auf Hafer, ob in Flockenform oder als Alternative zu Kuhmilch. Doch wie kommt das Schweizer Haferkorn in die Müeslischüssel und das Frühstücksglas?

Der Hafer ist beliebt. Das ist auch kein Wunder, denn die Vorteile der Getreidesorte sind bekannt: Er enthält viele Ballaststoffe und ist eine wertvolle Quelle von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. Er ist glutenarm und damit gut für die Verdauung, gleichzeitig aber enthält der Hafer mehr Nährstoffe als andere Getreidesorten. Immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten setzen deshalb nicht nur auf die bekannten Haferflocken, sondern auf veganvegetarische Haferdrinks als Alternative zu Kuhmilch.

Alle Akteure packen an
Der heimische Anbau von Speisehafer ist mit rund 7000 Tonnen gegenüber Importen von rund 50 000 Tonnen bescheiden. Wie lässt sich das ändern? «Alle Akteure in der Hafer-Wertschöpfungskette
müssen anpacken», ist Fortunat Schmid überzeugt. Er hat die Förderung des Haferanbaus bei der fenaco massgeblich vorangetrieben. Die Agrargenossenschaft fördert seit 2021 den heimischen Anbau von Speisehafer und hat dazu eine Abnahmegarantie und höhere Abnahmepreise eingeführt. Das kommt bei den Bäuerinnen und Bauern gut an. «Damit lässt sich wirtschaftlich bauern», sagt etwa Markus Bopp. Der Bio-Bauer aus Otelfingen (ZH) stieg nach einer längeren Pause 2021 wieder mit 80 Aaren in den Haferanbau ein – in erster Linie, weil der Hafer keine Fruchtfolgekrankheiten überträgt. «Die Erträge waren dann dank dem hervorragenden Sommer sehr erfreulich. De facto habe ich bei meinem Bio-Hafer einen höheren Bruttoertrag herausgeholt als beim Bio-Brotweizen», erklärt er zufrieden. Entscheidend sei es aber, ein Hektolitergewicht von 54 kg / hl oder mehr zu erreichen. Dies unterstreicht auch sein Abnehmer Walter Kipfer von der Sammelstelle Getreide Züri Nord. «Dieses Mass ist unser primäres Qualitätsziel, denn es garantiert grosse Flocken und eine hohe Ausbeute. Wenn es darunter liegt, können wir eine Lieferung nur als Futterhafer verwenden – und müssen einen entsprechend tieferen Preis zahlen.» Die Zürcher Sammelstelle nimmt seit 2020 Speisehafer an. «Wir haben zusammen mit den Produzenten das Hafer-Volumen innerhalb weniger Jahre von fast null auf 400 Tonnen gesteigert», sagt Walter Kipfer nicht ohne Stolz. Die Qualität des Schweizer Hafers habe sich in den letzten Jahren auch stark verbessert. Das liege an neuen Anbaumethoden, aber auch an der Sortenauswahl. Dafür ist UFA-Samen zuständig. «Zurzeit haben wir vier Sommersorten und zwei Wintersorten im Angebot», sagt Roland Stalder, Leiter des Leistungszentrums UFA-Samen in Lyssach (BE). Die fenaco Tochter führt aktuell an drei Standorten Tests für weitere neun Hafersorten durch, die für den Schweizer Markt infrage kommen.

Vom Haferkorn zum Trendgetränk
Wird die positive Entwicklung anhalten? «Hafer wird weiterhin einen grossen Stellenwert in einer ausgewogenen, gesunden Ernährung haben», ist Erwin Waldvogel überzeugt. Der 42-jährige Obermüller und Leiter der Hafermühle von Swissmill kennt den Hafer seit seiner Ausbildung zum Müller. Er hat den Haferboom selber miterlebt. «Die Haferflocken sind schon lange beliebt und wir investieren in diesem Bereich seit Jahren. Mit den Haferdrinks erfuhr der Hafer in den letzten Jahren einen zusätzlichen Schub.» Erwin Waldvogel führt durch die Produktion in der Stadtzürcher Mühle. Nach der Reinigung werden die Haferkörner geschält, denn anders als beim Weizenkorn sitzt die Spelze sehr kompakt am Korn und muss eigens entfernt werden. Die Spelzen gehen dann per Bahn zum Futtermittelhersteller UFA AG in Herzogenbuchsee (BE). Die Haferkerne hingegen werden mit Dampf behandelt, was ihre Haltbarkeit steigert. Schliesslich erfolgt die Flockierung der Haferkerne. Diese können dann in Einzelpackungen abgefüllt und für den Detailhandel als Haferflocken parat gemacht werden. Für die Produktion von Haferdrinks werden die Flocken hingegen zurzeit meist weiter zu Mehl vermahlen, die Grundlage für viele Haferdrinks wie etwa beleaf von Emmi. Dafür waren Investitionen und aufwendige Tests nötig. «Das Hafermehl ist klebrig», weiss der erfahrene Müller. «Mit einigen Anpassungen gelang es uns aber, einen Rohstoff zu produzieren, der sich für Haferdrinks eignet.» Michael Lötscher von Emmi Schweiz gibt Einblicke in den Herstellungsprozess. «Vereinfacht gesagt fügen wir dem Mehl Wasser und Enzyme hinzu. Diese sind wichtig für den Geschmack und die Viskosität des Drinks», erklärt er. Danach folgen Produktionsschritte aus der klassischen UHT-Milchverarbeitung. «Hier haben wir eine jahrhundertelange Erfahrung – beim Hafer sind es bloss ein paar Jahre», lacht der Leiter der Geschäftseinheit Vegan – und bestätigt die positiven Aussichten für den Schweizer Haferdrink. «Das Wachstum bei Getränken auf veganer Basis ist ungebrochen, und besonders Haferdrinks kommen gut an», erklärt er. Emmi forscht und entwickelt deshalb weiter und möchte schon bald Drinks auf der Grundlage von Haferflocken ohne den Zwischenschritt der Vermahlung herstellen. «Wenn wir bei den Flocken ansetzen, verbessert das nicht nur den Geschmack, sondern auch die Ausbeute», sagt Michael Lötscher. Und dies ist wichtig, denn der Schweizer Hafer ist kostbar. Die Ausbeute muss also möglichst gross sein, damit er in den Verkaufsregalen gegenüber der Konkurrenz aus dem Ausland bestehen kann.

Gute Aussichten für den Hafer
Die Aussichten für den Schweizer Hafer sind also gut. Die Akteure in der Wertschöpfungskette arbeiten eng zusammen, um der steigenden Nachfrage nach heimischem Speisehafer nachzukommen.
Bio-Bauer Markus Bopp freuts. Und er legt vor: Mit der aktuellen Herbstaussaat verdoppelt er die Haferanbaufläche auf seinem Hof. Dass andere Bäuerinnen und Bauern aufspringen werden, steht für ihn ausser Frage.

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