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Story 3 Minuten

Die coolste Art, Lebensmittel haltbar zu machen

Tiefkühlkost wird zu Unrecht oft als ungesund angeschaut – dabei bleiben bei dieser Konservation wichtige Vitamine erhalten. Wichtig
ist allerdings, wie die Lebensmittel gefroren werden: je schneller, desto schonender.

Unter null Grad. Die lockeren und ständig wechselnden Bindungen einzelner Wassermoleküle, bestehend aus je zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom, festigen sich innerhalb eines Millionstels einer Millionstelsekunde. Fortan ordnen sich die Moleküle zu einem regelmässigen Gitter: Nun ist jedes Wassermolekül von vier anderen umgeben. Gleichzeitig schlies­sen sich immer sechs Wassermoleküle zu einem Ring zusammen. Während weniger Minuten entsteht ein feines Kristallgitter – Zellwasser erstarrt zu Eis.

Wir stehen vor dem mächtigen Gefrierschrank in der Neuenburger Produktionsstätte der frigemo AG. Hier in Cressier werden pro Stunde acht bis neun Tonnen Kartoffeln zu Pommes frites verarbeitet. Bevor sie verpackt und ausgeliefert werden, durchlaufen sie zahlreiche Stationen. Eine der letzten, gleich nach der Fritteuse, ist der 30 Meter lange Schockfroster. «Die rund minus 40 Grad und die eisige Luft, die sich hier drin bewegt, würden unseren sicheren Tod bedeuten», erklärt Nicolas Gagnepain, Spezialist für Qualitätssicherung und Projekte bei frigemo. Die Pommes frites dagegen, die erhalten durch das Einfrieren eine längere Lebensdauer. 

Nicolas Gagnepain, Fachspezialist frigemo
« Bei minus 40° Grad wird den Pommes neues Leben eingehaucht. »

Rund eine halbe Stunde dauert es, bis die Kartoffelstäbchen auf dem Fliessband das Ende des Gefrierers erreicht haben. Während dieser Zeit wird ihnen durch bewegte Luft die Wärme entzogen – frisch frittiert sind die Pommes über 150 Grad heiss –, bis sie eine Kerntemperatur von zirka minus 18 Grad aufweisen. Man nennt diese Methode des Schockfrostens auch Kaltluftgefrierverfahren. Damit wird sowohl der mikrobiologische als auch der chemische Verderb schonend verlangsamt: Einerseits können Mikroorganismen wie Bakterien in tiefgekühlten Produkten nicht wachsen oder sich vermehren, da ihnen das Wasser fehlt, welches sie für ihren Stoffwechsel brauchen. Andererseits werden die chemischen Reaktionen gemässigt. Bei den vorfrittierten Pommes frites beispielsweise, wie sie von der frigemo in Cressier verarbeitet werden, handelt es sich um ein öliges Produkt. Bei Luftkontakt würde das verwendete Öl sofort oxidieren. Je kälter es ist, desto länger dauert es, bis dieses Phänomen einsetzt. Bevor die gefrorenen Pommes also zuhause ranzig werden oder eine seltsame Farbe bekommen, haben wir vermutlich schon mehrfach unserem Gluscht nachgegeben.

Konservation, inspiriert durch die Inuit
Nebst dem Kaltluftgefrierverfahren gibt es noch andere Methoden des Schockfrostens. «Wichtig zu wissen ist aber vor allem der Unterschied zum Gefrieren zuhause», meint Nicolas Gagnepain. Im heimischen Gefrierer würden Lebensmittel nur langsam gefroren. So dehne sich das Eis vielmehr aus und das Gewebe des Lebensmittels werde beschädigt. «Solche Lebensmittel sind nach dem Auftauen mehrheitlich Matsch.» Professionell gefroren behalten die Lebensmittel darüber hinaus wichtige Vitamine. Die Gefriermethode, wie sie frigemo nutzt, hat ihre Ursprünge übrigens im Atlantischen Ozean: Der Meeresbiologe Clarence Birdseye liess sich von den neufundländischen Inuit inspirieren, deren frisch gefangener Fisch im eisigen Wind augenblicklich einfror und so für Monate haltbar war. Birdseye bastelte sich daraufhin die erste Schockgefrieranlage mithilfe von Eis, Salz und einem Ventilator. Dieses Jahr im März feierte die Tiefkühlkost ihren 90. Geburtstag – in die Schweiz kam diese Form des Haltbarmachens allerdings erst zwölf Jahre später, mitten im Zweiten Weltkrieg, als es an Ressourcen für die Herstellung von Konserven mangelte.

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